Meine Reise nach Hamburg

September 2018 bin ich mit meinem Liegedreigrad alleine von Euskirchen nach Hamburg gefahren. Als Schwerbehinderter darf man mit Regionalbahnen durch ganz Deutschland fahren. Die Deutsche Bahn unterhält sogar extra dafür eine eigene Hotline, bei der man die Fahrt mindestens 1 Woche vor Antritt der Fahrt anmelden muss. Am Startbahnhof muss man am Fahrkartenschalter Bescheid geben und dann wird einem von einem Mitarbeiter der Deutschen Bahn bei jedem Umsteigebahnhof geholfen. Ein Vorteil bei so einem Service ist, dass man mit Sicherheit den Anschlusszug bekommt und sicher in den Zug kommt.

Im Hamburger Hauptbahnhof angekommen bin ich mit meinem Liegedreirad zum Bahnhofsvorplatz gefahren und habe den nächsten Taxifahrer angesprochen, wo denn die Jugendherberge ist. Ich bekam den Weg erklärt, musste aber unterwegs noch mal nach dem Weg fragen, trotz Navigationsprogramm auf meinem Handy. An der Jugendherberge angekommen, die sich auf einem Berg befindet, war eine riesige Jugendherberge vor mir mit einer Treppe. Neben der Treppe befand sich der Aufzug und daneben der Fahrradkeller in dem mein Liegedreigrad wunderbar untergestellt werden konnte. Es war sogar eine Steckdose vorhanden um das Akku für meine Licht und Blinkeranlage aufzuladen.Das Jugendherbergspersonal half mir ohne Weiteres. So bezog ich mein Zimmer mit Hilfe eines Jugendherbergsmitarbeiters. Ich war der einzigste Mensch in der Jugendherberge mit einer Behinderung. Vorwiegend waren alles Schulklassen da. Ein wenig später habe ich vom Personal der Jugendherberge erfahren, dass noch nie ein behinderter Mensch alleine in der Jugendherberge war, was mich sehr verwunderte. Also ihr alle anderen schwerbehinderten Menschen die das lesen – traut Euch.

Am nächste Tag bin ich wieder mit Navi losgefahren zum eigentlichen Grund meiner Fahrt, zu einem Ernährungsmediziner. Leider hatte ich den Termin verpasst, der nachmittags am Anreisetag war. Also bekam ich einen neuen Termin bei Herrn Dr. Riedl, der bekannt ist durch die Fernsehsendung „Die Ernährungs-Docs“. Ich rief meinen Betreuer an und fragte ihn, was ich jetzt machen sollte. Er sagte: „Machen Sie sich ein paar schön Tage in Hamburg.“ Und diese Tage haben sich gelohnt. Ich habe jeden Tag Touren durch Hamburg gemacht und habe 2-mal im Restaurant des Stadtparlaments zu Mittag gegessen. Ansonsten in einem schönen Lokal mit Außenbereich. Eine gratis Stadtrundfahrt bekam ich auch. Mein Fahrrad war währenddessen vor dem Stadtparlament geparkt. Beim Gehen half mir ein Polizist, der während der Stadtrundfahrt auf mein Fahrrad achtete und mich bei der Ankunft auch wieder vom Bus zum Fahrrad begleitete. Das Wetter war fast jeden Tag einfach traumhaft.

In der Jugendherberge sprach ich einen Lehrer an und fragte diesen, ob die Schülerinnen und Schüler ihn nach mir fragten. Das hat er mit ja beantwortet. Ich erzählte ihm die Hintergründe. Dabei ist mir sehr aufgefallen, dass es bei weitem nicht normal ist, wenn behinderte Menschen alleine unterwegs sind. Aber ich kann Euch anderen behinderten Menschen nur ermutigen – traut Euch. Schließlich hat der Arzt sich auch über mich gewundert, dass ich mit meiner Schwerbehinderung auf den Weg zu ihm gemacht habe. Dabei fiel mir auch wieder auf, dass die Menschen erst realisieren mit wem sie es zu tun haben, wenn sie unmittelbar vor mir stehen.